Meine Gedanken zur Auflösung des Shantychores „De Prerow Stromer“
Am 09.11.1999 gegründet, werden wir unsere Arbeit zum 31.12.2022 einstellen. Ich habe bewusst das Wort „Arbeit“ gewählt, denn für die in den 23 Jahren absolvierten 946 Auftritte und für die dazu erforderlichen Proben sowie die Stunden für das organisatorische Vor- und Aufarbeiten lassen mich kein anderes Synonym dafür finden. Aber es hat Spaß gemacht und Freude gebracht und das war einer der Hauptgründe, warum wir uns zu einem Chor zusammengeschlossen haben. Und Spaß und Freude am Singen gingen uns in all den Jahren nie verloren.
Wir sangen unsere Lieder nicht nur in unserer Norddeutschen Heimat auf Volks-, Dorf- und Hafenfesten oder bei Shantychortreffen, sondern auch in Rehakliniken, um den Patienten dort Freude zu bringen. Wir sangen auch vor dem Europäischen Parlament in Straßburg, in Altenburg in Thüringen, im brandenburgischen Kremmen und in Heiligenhafen in Schleswig-Holstein. Wir ließen nichts aus… Wir haben sechs CD’s in Eigenregie aufgenommen, abgemischt, die Cover und Hüllen graphisch gestaltet und nur die Produktion in die Hände eines professionellen Presswerkes gegeben. Die ca. 120 Lieder, die das Repertoire unseres Chores beinhalten, passten natürlich nicht alle auf diese CD’s. Bis zu vier-stimmige Fassungen von maritimen, plattdeutschen, heimatlichen und internationalen Volksliedern gaben unserem Chor, in dem von Anfang an auch Frauen gleichberechtigt mitwirkten, das Gepräge. Wir waren im NDR, MDR und auf Arte zu sehen und zu hören, wirkten bei der Radiosendung Hamburger Hafenkonzert mit und waren zwei Mal Chor des Monats im ARD-Kulturradio.
Der Erlös aus unseren Auftritten ermöglichte es uns, eine adäquate Tontechnik, sowohl für Auftritte als auch für CD-Aufnahmen anzuschaffen, einen Chorbus für den Transport der Technik sowie unsere Chorkleidung aus Vereinsmitteln zu erwerben. Mehr als 12.000 „ersungene“ Euro spendeten wir gemeinnützigen Vereinen aus unserer Region. Man kann also sagen, wir waren erfolgreich!
Aber wir wurden auch 23 Jahre älter. Nachwuchs ist schwer zu finden. Wir fanden zwar neue Chormitglieder, aber die waren etwa in unserem Alter, das im Durchschnitt 78 Jahre zählt. Es wurde zunehmend schwieriger, die Technik auf der Bühne aufzubauen oder mehr als eine Stunde am Stück auf der Bühne zu stehen. So wurden uns physische Grenzen aufgezeigt. Krankheiten und Unfälle wirkten sich zusätzlich auf die Altersstruktur des Chores aus. Und dann kam Corona. Es waren keine Proben oder Auftritte mehr möglich. Selbst eine Zusammenkunft war über längere Zeiträume untersagt. Und ausgerechnet in dieser Zeit mahnte das Amtsgericht in Stralsund bürokratische Erschwernisse an, wie die erforderlichen Neuwahlen des Vorstandes. Schwer durchzuführen, wenn man sich nicht treffen darf. Das Protokoll der dann endlich durchgeführten Mitgliederversammlung enthielt zwar keine inhaltlichen Fehler, aber wohl Formfehler, die auch eine beschlossene Satzungsänderung unmöglich machten. Ein hinzugezogenes Notariat übersandte uns mehrere Seiten über einzuhaltende Paragraphen und notwendige rechtliche Formulierungen – und damit war das Fass der nervlichen und organisatorischen Belastung übergelaufen. Wir entschieden uns, diese bürokratischen Hindernisse noch ein einziges Mal zu überwinden, nämlich für die Auflösung des Vereins „De Prerow Stromer“. Am 17. Dezember 2022 werden wir im Kulturkaten in Prerow unser letztes Konzert singen und damit das Segel zum letzten Mal einholen.
Persönlich möchte ich mich beim Chorverband MV bedanken, der mich über 50 Jahre meines musikalischen Wirkens begleitet hat und auch das nötige musikalische Wissen bereitstellte. Ich denke da an die Weiterbildung 1969/70 in Dierhagen, die von Fritz Höft geleitet wurde, an 1981 in Lubmin mit Gerhard Faatz, an Freundschaften z. B. mit Jochen Renz, Hans Lukuschek und Rüdiger Kurzmann. Und in sehr guter Erinnerung bleiben mir auch all die Weiterbildungen in Greifswald.
Ich möchte mich bei vielen Chören für ein gutes und kameradschaftliches Miteinander bedanken – was leider nicht für alle selbstverständlich ist.
Enttäuscht hat mich, dass Laienchören bürokratische Hemmnisse in den Weg gelegt wurden, die letztendlich die Freude am Singen erstickt haben.
Allen Chören, die durchhalten und weiter das kulturelle Leben mit ihren Lieder bereichern, wünsche ich ein gutes Ergehen – und vielleicht irgendwann ein optionales Wiedersehen.
Peter Malt
Peter Malt, Chorleiter seit 1999
Der Name "De Prerow Stromer" leitet sich vom Prerow Strom, dem blauen Band, das durch unsere Landschaft fließt ab. Er kann aber auch doppelsinning auf die über alle Weltmeere stromernden
Fahrensleute bezogen werden.
Die Gründung des Chores erfolgte am 09. November 1999. Chorleiter und Gründer ist Peter Malt. Der frühere Lehrer für Mathematik und Geografie beschäftigt sich seit seiner Kindheit mit Musik und
hat über die Stationen Blasmusik, Singegruppen und seiner Befähigung für den Musikunterricht zum Chor gefunden. Durch seine Teilnahme an den vom Chorverband durchgeführten Lehrgängen und
Seminaren ist er außer zur Leitung unseres Chores auch zum Arrangieren und Verfassen eigener Melodien befähigt.
Er hatte an diesem Tag einige Sangesfreunde, die sich bereits zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen Gruppen musikalisch betätigt hatten, zu einem Treffen eingeladen. Gemeinsam wurde die
Gründung eines Chores, der sich der Pflege und Verbreitung seemännischen und heimatlichen Liedgutes widmet, beschlossen. Nach vier Monaten intensiver Probenarbeit fand am 14. April 2000 der erste
Auftritt vor einem geladenen Publikum statt.
Die zwischenzeitlich 25 aktiven Sänger aus Prerow und Zingst haben ca. 1000 Auftritte bestritten. Dazu gehören bereits seit dem ersten Jahr des Bestehens regelmäßige Auftritte in der
Barmer-Ostsee-Klinik Prerow. Aber auch zu den örtlichen Volksfesten der Umgebung wie Hafenfest, Seebrückenfest, Kirchfest, Museumsfest und vielen Festen mehr werden „De Prerow Stromer“ gern
gebucht. Besondere Höhepunkte stellen jährlich die Weihnachtskonzerte, die in eigener Initiative veranstaltet werden, dar. Gern treten die Prerow Stromer ebenso bei Konzerten, die eigens auf
Wunsch verschiedener Reisegruppen veranstaltet werden, auf. In den vergangenen Jahren stand der Chor mehrmals vor den Fernsehkameras von NDR, MDR oder Arte. Auch im Rundfunk waren die Prerow
Stromer zu hören, so z.B. beim „Hamburger Hafenkonzert“, der ältesten Radiosendung der Welt, oder im Deutschlandradio Kultur. Am zu Ehren von Martha Müller-Grählert in Zingst veranstalteten
Treffen der Shanty-Chöre haben „De Prerow Stromer“ im Jahr 2021 zum 20. Mal teilgenommen. Seit einigen Jahren haben wir hierfür auch die Rolle des Gastgeberchores übernommen.
Leider ist die Anzahl der Sänger und Sängerinnen altersbedingt und durch die langen Corona-Pausen nun auf 15 Mitglieder geschrumpft. Dennoch kann ein qualitiativ gutes und interessantes Programm
dargeboten werden. Es wäre schön, wenn neue Sangesfreunde ihr Interesse an einer Mitwirkung bekunden würden, damit die Tradition der Seemannslieder und Shanties nicht verloren geht.